Fleischbankpfeiler

Es war alles etwas knapp, doch am Ende passte es perfekt. Um 19 Uhr landete mein Flugzeug aus Warschau mit einer Stunde Verspätung in München. Um 23:30 Uhr kam ich mit dem Zug in St. Johann im Tirol an. Dort holte mich Reinhard Kleindl aus Graz ab und wir fuhren weiter zur Griesneralm. Um 3 Uhr morgens erreichten wir mit unseren Rucksäcken die Stripsenjochhütte, bzw. das Zeltlager daneben von Johannes Olszewski, Jérémy Folly, Helmar Fasold, Alex Schulz, Fabian Rupprecht und Flo Hänsn.

Es war das zweite Mal für mich am Wilden Kaiser. Vor zwei Jahren konnten wir als drittes Team die damals Aufsehen erregende Highline von Alexander Huber am Kapuzenturm wiederholen. Nun hatte Johannes am Nordgrat des Fleischbankpfeilers einen neuen Highline-Spot ausgemacht. Zusammen mit Jérémy und Alex begann er schon vor Tagen, Fixseile einzurichten und Verankerungen zu bohren, so dass dort bereits zwei schöne Highlines fertig aufgebaut waren, als wir kamen. Trotz dieser überaus angenehmen Ausgangssituation mussten wir am nächsten Morgen bereits um 7 Uhr wieder aufstehen.

Der Spot befindet sich nämlich dort, wo die Mehrseillängenroute «Des Kaisers neue Kleider» (8b+), hoch kommt. Es gibt nur wenige Rotpunktbegehungen dieser bekannten und schwierigsten Route am Wilden Kaiser. Zuletzt konnte sie Kilian Fischhuber wiederholen. Nun hatte er und sein Seilpartner geplant, genau an diesem Tag Filmaufnahmen mit einem Helikopter zu machen. Das wäre an sich kein Problem gewesen, wenn der Heli nicht genau aus der Scharte hätte filmen wollen, wo die Highlines gespannt waren. So blieb uns noch genau bis am Mittag Zeit, zum Spot hoch zu klettern, die Lines zu laufen und sie wieder abzubauen.

Oben angekommen erwarteten uns zwei schöne 40 m und 22 m lange Lines, die durch ihre Ausgesetztheit und den markanten, furchigen Fels im Hintergrund beeindruckten. Tatsächlich gelang es an diesem Morgen noch allen von uns die 22er Line zu laufen. Zu meiner Freude konnte ich vor dem Mittag auch noch die 40er zweimal begehen, bevor wir alles abbauen mussten.

Währenddessen hatten sich Johannes und Helmar daran gemacht, nur 20 Minuten von der Hütte entfernt eine weitere Highline einzubohren. Diese war mit 38 m Länge, 80 m Höhe und einer grandiosen Aussicht ebenfalls sehr lohnenswert. Noch am selben Tag konnten wir sie fertig aufbauen. Johannes gelang die Erstbegehung und bevor die Sonne ganz weg war, konnte sie auch Helmar und ich noch laufen.

Am nächsten Tag erreichte uns doch noch die seit Tagen angekündigte Regenfront. Bei dichtem Nebel, starkem Wind und Eisregen blieb nichts anderes übrig, als die Line ohne eine weitere Begehung wieder abzubauen. Vor dem Abstieg im strömenden Regen stärkte ich mich im Restaurant mit einem grossen Teller Kaiserschmarrn. Das Trampen bei Regen bis nach Bern nahm nochmals anderthalb Tage in Anspruch und wir waren froh, als wir endlich zu Hause ankamen. Gelohnt hat es sich allemal!

4 Kommentare zu “Fleischbankpfeiler”

  1. Daniel K.

    Hi,

    Es ist schon beeindruckend, da ist klettern wohl bei weitem anders aufregend. Ich finde es trotzdem wichtig, dass der Respekt vor den Kletterern und anderen in den Bergen bestehen bleibt, was ich dort nicht immer feststellen konnte. Wir sind nämlich genau zu der Zeit „unter“ euch geklettert „Spaß 2000“ und es war kein Spaß die ganze Zeit das gerumpel der Steine neben einem zu vernehmen. Das war auch nicht nur an dem einen Tag so. Bitte achtet in Zukunft auch auf diese kleinen Details während eurer Aufbauaktionen und Versuche.

    Danke,
    Daniel

  2. bernhard

    Hallo Daniel

    Danke für den Hinweis. Ich werde die Kritik noch den anderen Teilnehmer mitteilen. Auf jeden Fall ist es uns wichtig, niemanden mit Steinschlag zu gefährden!

    Persönlich war ich nur an dem Tag oben, als die Filmaufnahmen von Kilian Fischhuber mit dem Helikopter gemacht wurden. An dem Tag waren unsere zwei Highlines bereits aufgebaut und deswegen erstaunt es mich, dass Steine runter gefallen sind. Es kann auch sein, dass das Kamerateam von Kilian Fischhuber Steine gelöst hat beim Abseilen. Zu dem Zeitpunkt, als wir am Abbauen waren, sahen wir eine Seilschaft etwa auf unserer Höhe in der Route „Spass 2000“. Wahrscheinlich wart ihr das. Die Route verläuft übrigens nicht unter dem Highline-Spot, sondern westlich davon: http://www.stadler-markus.de/bilder/alpinismus/alpinklettern/kaisergebirge/fleischbankpfeiler_ost.jpg

    Unterhalb der Highlines befinden sich wohl die Pumprisse. Da kam es ein paar Tage später zu einem tödlichen Unfall wegen Steinschlag: http://www.oe24.at/oesterreich/chronik/Fels-erschlug-Deutsche-am-Wilden-Kaiser/1709871

  3. Urban Art

    Krass, das muss ja wohl der heftigste Adrenalinstoss sein, den man sich so vorstellen kann. Und dann noch ohne BalanceStab. Fliegt man da nicht bei jeder Böe einfach vom Seil?

  4. bernhard

    @Urban Art: Windböen sind in der Regel nicht so problematisch beim Highlinen, weil man sowieso ständig in Bewegung ist und das Gleichgewicht suchen muss. Weil wir die Slackline normalerweise mit einem Seil untersichern, bietet sie auch keine Angriffsfläche für den Wind und bleibt ruhig.
    Ein Balancestab würde nur behindern beim Highlinen, weil das Band, anders als auf einem Drahtseil, nicht statisch ist und man mit dem ganzen Körper mitbewegen muss. Zudem würde ein Balancestab verhindern, dass man sich bei einem Sturz an der Slackline festhalten kann.

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