Urban Highline Festival in Lublin
Lublin ist eine malerische Stadt im Osten von Polen, etwa 1600 km entfernt von Bern. Nicht gerade ideal gelegen für mich, um schnell mal an ein Slackline Festival zu reisen. Wenn ich nicht das Glück gehabt hätte, als «Special Guest» eingeladen zu sein, hätte ich wohl darauf verzichtet und damit eines der bisher besten Festivals verpasst. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an die Organisatoren für die Einladung!
Am Flughafen von Warschau traf ich mich mit Jerry Miszewski, einem unglaublich starken Highliner und Longliner aus Kalifornien. Nachdem wir in der Vergangenheit immer vergeblich versucht hatten, etwas zusammen zu machen, freute ich mich sehr, ihn endlich persönlich kennen zu lernen. Um ein Haar hätte es auch diesmal nicht geklappt. Wegen dem vielen Verkehr in San Francisco hatte er nämlich seinen Flug um ein paar Minuten verpasst und kriege nur mit viel Überzeugungsarbeit noch einen späteren.
Im Zug nach Lublin stiessen Grischa und Kathy aus Bayreuth zu uns und ein paar Abteile weiter entdeckten wir auch noch Mich Kemeter. Am Bahnhof in Lublin erwartete uns bereits Faith, Janek, Jordan, Lukas und einige mehr. Kaum ein Highline-Crack aus Europa, der nicht extra für dieses Festival nach Lublin gekommen war. Nur Kwjet aus Tschechien, der ebenfalls eingeladen war, hatte sich bisher nicht blicken lassen. Als ihn Janek anrufte, stellte sich heraus, dass er und sein Kollege bereits ganz in der Nähe sind. Völlig verpennt und mit schmalen Augen stiegen die zwei auch noch aus dem Zug, während wir uns vor lachen krümmten. Danach wurden wir zu unserem Hotel gebracht.
Bereits am Tag darauf startete das Festival offiziell. Genau genommen handelte es sich um den Carnaval Sztuk-Mistrzów, welcher bereits zum dritten Mal in Lublin veranstaltet wurde. Das Urban Highline Festival war Teil dieser Veranstaltung. Auf dem Festivalgelände standen bereits einige Zirkuszelte und ähnlich wie am Buskers in Bern waren für drei Tage an verschiedenen Standorten in der Altstadt Shows angekündet. Die Darbietungen reichten von Jonglagen jeglicher Art über Schlappseilartisten, Trapeze, Feuershows, Strassenmusik, Clowns, Freakshows usw.. 2012 wird in Lublin übrigens die «35. European Juggling Convention» stattfinden.
Zur Idee des Carnaval Sztuk-Mistrzów schreiben die Organisatoren folgendes auf ihrer Website:
Im Vordergrund des Festes steht der Spielspaß. Begleitet wird dieser von verspielter Kunst, die der menschlichen Natur am Nächsten ist. Während des Festes gibt es aktuelle Vorführungen – Kunstformen wie der Neue Zirkus oder Straßenkunst. Wir eröffnen eine Zeit voll von vergnüglicher Unterhaltung und mehrtägiger Feierlichkeiten. Die Einwohner unserer Stadt kommen zur gemeinsamen Unterhaltung zusammen und erleben die besten Vorführungen und Darbietungen von Geschicklichkeit und Gewandtheit, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen.
Für uns wurden mitten in der Altstadt drei fantastische Highlines gespannt. Die längste wurde über einem Platz mit vielen Cafés am Rathaus und einem Regierungsgebäude gegenüber angebracht. Das Rathaus, welches Tag und Nacht bewacht wird, war ein durchaus würdiger Fixpunkt für die Highline. Um nach oben zu gelangen musste man über einen roten Teppich auf einer Marmortreppe empor steigen, ein paar reich dekorierte Räume durchqueren, bis man schliesslich zu einem Arbeitszimmer gelangte, wo die Highline an einem Holzbalken befestigt war. Am ersten Tag wurde in beiden gegenüberliegenden Räumen noch gearbeitet, so dass wir uns etwas fehl am Platz fühlten. Eine kürzere Line führte von einem anderen Raum im Rathaus über eine andere Strasse.
Mindestens so einmalig war auch der letzte Spot. Obwohl es der Name «Highline to Hell» nicht vermuten lassen würde, handelte es sich dabei um ein Bijou einer Highline, die zwischen zwei Kirchtürmen gespannt war. Über eine lange Wendeltreppe, entlang an Steinengeln, Jesusfiguren und anderen Requisiten, gelangte man ganz oben im Kirchturm in einen muffigen Raum, von wo aus die Highline startete. Die Kirchenchor-Musik im Hintergrund und die Aussicht über die Stadt sorgten für ein aussergewöhnliches Ambiente. Die Highline wurde zudem beleuchtet, damit wir sie auch bei Nacht begehen konnten. Es war ein himmlisches Gefühl, darüber zu balancieren.
Neben den Highline-Sessions wurde auch ein Longline- und Trickline-Contest veranstaltet. Dort gab es eine Menge ansehliche Preise zu gewinnen. Auf einer 170 m langen Longline, die aufgrund des schweren Bandes und dem starken Wind äusserst schwer zu kontrollieren war, imponierte vor allem Lukas mit einer beeindruckenden Onsight-Begehung. Am Trickline-Contest, wo ich die Ehre hatte, zusammen mit Faith und Jerry in der Jury zu sitzen, konnte sich Janek mit einigen eindrücklichen Kombos klar an die Spitze setzen.
am 26. September 2010 um 2:51 pm Uhr.
da war ja einer richtig fleissig…