Black Nova
Es war eine dieser Touren, wo mir einmal mehr die ganze Faszination und Schönheit des Eiskletterns bewusst wurde. «Black Nova» ist eine wunderbarer Eisfall in atemberaubendem Ambiente. Eine steile Linie tief eingeschnitten in einer über 200 m hohen Felswand.
Marc, ein langjähriger Kletterpartner und neuerdings Bergführer-Aspirant, war wie immer ein ausserordentlich angenehmer Begleiter. Nach Berner Art vermieden wir jeglichen Stress und genossen den Tag in vollen Zügen. Trotzdem verloren wir am Morgen keine Zeit und verzichteten sogar auf den sonst obligaten Kaffee in Kandersteg, im Wissen darum, dass wir dieser Tage selbst unter der Woche nicht die einzigen sein würden, die wegen «Black Nova» ins Gasterntal pilgern würden.
Tatsächlich kamen uns einmal mehr zwei Deutsche zuvor, die wir schon von weitem am Einstieg ausgemacht hatten. Nachdem sie den ersten Aufschwung überwunden hatten, konnten wir ohne Gefahr nachsteigen. Die Eisverhältnisse waren an dem Tag top (obwohl das Marc etwas anders sah..). Nachdem wir das Schneeband unterhalb der Hauptwand erreicht hatten, entschieden wir uns am rechten Rand des Eisfalles weiter hoch zu steigen und mit der vorderen Seilschaft aufzuschliessen. Nach etwa 60m stiess ich auf einen gut geschützten Stand hinter einem Eisvorhang. Weil es weiter oben wieder schmaler wurde, blieb uns nichts anderes übrig, als auszuharren, bis die Deutsche Seilschaft wieder abseilen würde. Eine knappe Stunde später, nachdem der Nachsteiger bei einem Sturz seinen Eispickel verloren hatte, seilten die zwei zum Glück frühzeitig wieder ab und wir konnten endlich weiter klettern.
Durch ein Loch zog ich mich akrobatisch zurück in die Route, wo ich mich gleich in überhängendem, etwas röhrigem aber dennoch gut kletterbarem Eis wiederfand. Unsere Route war etwas anspruchsvoller als im linken Teil, weil sie steiler nach oben führte und kaum Struktur für Tritte bot. Zudem war sie nicht bereits ausgehackt von früheren Seilschaften. Es war purer Genuss und ich freute mich über unsere gelungene Routenwahl.
Nach etwa 30 m hatte ich bereits meine letzte Eisschraube gedreht. Beim Plaudern über Berggeschichten, die Liebe und die Welt hatte Marc vergessen, mir am Stand alle seine Eisschrauben zu übergeben, was mir selber auch erst zu spät aufgefallen war. So brauchte ich mich die letzten 20 m bis zum Ende der Route, wo bereits eine Eissanduhr zum Abseilen eingerichtet war, jedenfalls nicht mehr um Zwischensicherungen kümmern. Es blieb anhaltend senkrecht bis oben und bald darauf erreichte ich glücklich und mit ziemlich gepumpten Armen den Stand. Dadurch, dass wir zwei Seillängen zusammenhängten, brauchten wir für die ganze Route nur drei statt der angegebenen fünf SL und waren dementsprechend früh oben.
Obwohl die Route nach unserem Führer bereits hier fertig war, entschieden wir uns, die restlichen ca. 70 m im wenig steilen Eis und Schnee weiter zu gehen, bis an den Ausstieg des Einschnittes in der Felswand. Ganz oben angekommen wurden wir schliesslich mit einem eindrücklichen Panorama belohnt.
«Black Nova»
IV WI 5+, 160 m
Gasterntal, Kandersteg