Metro

Eine so abgefahrene Route findet man wohl nur in der Breitwangflue. Durch ein unscheinbares Loch in der Wand steigt man in einen imposanten Höhlenschacht, der wie eine Art Riesensanduhr in der Felswand verborgen ist. Die Kletterei führt 100 Meter konstant senkrecht an bizarren Eisformationen empor. Wenn man oben aus der Höhle steigt, ist die Route jedoch noch nicht zu Ende. Als krönender Abschluss steht über dem Schacht eine 30 m frei stehende Säule, die einem nochmals alles abverlangt. Entdeckt und im Dezember 2004 erstbegangen wurde diese verrückte Linie von den Anthamatten-Brüdern.

Bereits Anfang Jahr hatte ich vor, diese Traumlinie zu klettern. Immer wenn ich Zeit gehabt hätte, machte mir jedoch das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Schliesslich schaffte ich es doch noch, genau am letzten Tag vor dem Frühlingseinbruch, zu dem Gebiet hochzusteigen, das als Mekka für Eiskletterer schlechthin gilt.

Wie erwartet war in der Breitwangflue bereits viel los. Schweizer waren an dem Tag ausser mir keine am Start. Dafür je eine Seilschaft aus Argentinien und aus Norddeutschland, die an diesem Tag «Crack Baby» punkten wollten. Eine weitere Seilschaft aus Argentinien war bereits wieder am Absteigen, weil sie feststellen mussten, das sich ihr Projekt für heute – «Mach 3» – nicht mehr klettern lässt. Eine Franzose und ein Italiener waren gestern noch in dieser Route, als sich im Nachstieg ein ganzer Eisvorhang löste und zu Boden donnerte.

Wir konnten unser Glück kaum fassen, als wir von den Portugiesen erfuhren, dass «Metro» gut stehen würde und an dem Morgen bisher noch niemand in der Nähe gesichtet worden sei. Kurz nachdem wir eingestiegen waren, kamen wir dann doch noch Besuch von der Französisch/Italienischen Seilschaft, die jedoch ohne gross zu stören, parallel links von uns hochstiegen.

Es war ein einmaliges Erlebnis, durch einen Höhlenschaft eisklettern zu können und bereitete uns eine Menge Spass. Im Gegensatz zum letzten Mal, als mein Seilpartner René fast von einer Lawine den Schacht runter gespült wurde, hatten wir diesmal perfekte Wetterverhältnisse. Die Kletterei war «pumpiger» als noch ein paar Wochen zuvor, liess sich aber relativ gut absichern. Die anhaltende Säule über dem Schacht, welche zu unserer Freude immer noch stand, macht die Route nochmals lohnenswerter als sie sonst schon ist. Oben angekommen waren wir uns einig, dass dies ein würdiger Abschluss war für diese Eiskletter-Saison.

«Metro»
WI 6+, 130 m
Breitwangflue, Kandersteg

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