Meteora 2010

Das neue Yosemite für Highliner in Europa heisst Meteora. Nirgends sonst gibt es momentan eine so hohe Dichte vergleichbar lohnenswerter Highline-Spots. Neun Highlines sind bereits fertig eingebohrt und es ist noch viel Potential für weitere vorhanden.

Es war der bisher wohl grösste Highline-Trip dieser Art in Europa. 14 Highline-Cracks aus sieben verschiedenen Nationen haben diesen Frühling während drei Wochen einige der bisher schönsten Highlines aufbauen und erstbegehen können.

«In tödlicher Mission» heisst der James Bond Film, welcher u.a. in Meteora spielt. Das Meteora-Gebirge gehört zum UNESCO-Welterbe und ist eine der beliebtesten Touristen-Destinationen in Griechenland. Jeden Frühling und Herbst pilgern Kletterer aus der ganzen Welt dorthin.

Eigentlich seltsam, dass niemand von uns zuvor von diesem faszinierenden Ort gehört hatte. Johannes Olszewski war es, der vorletzte Weihnachten als erster darauf aufmerksam wurde, als er sich den erwähnten James Bond Film ansah. Er vermutete gleich, dass es dort viel Highline-Potential geben muss und begann zu recherchieren. Nachdem er mich von davon überzeugen konnte im kommenden Frühling dorthin zu fliegen, begannen wir gemeinsam mit der Planung.

Es war mein bisher aufwändigstes Highline-Projekt. Über Wochen versuchten wir Lösungen für die unzähligen offenen Fragen zu finden. Sorgen machte uns insbesondere der spezielle Fels in Meteora, der aus Konglomerat besteht. Weil vor uns noch nie jemand eine Highline in diesem wenig kompakten Gestein befestigt hatte, mussten wir erst nach einer genug sicheren Verankerungstechnik suchen. Wir entschlossen uns für 1 m lange Gewindestangen mit 12 mm Durchmesser, die wir vor Ort in kürzere Stücke sägen und in den Fels einkleben wollten. Unsere Ausrüstung war damit jedoch so schwer, dass wir für eine Menge Übergewicht bezahlen mussten. Ungünstig für den Flugtransport war zudem, dass der spezielle Zweikomponentenmörtel die Eigenschaft hat, schnell entflammbar zu sein. Ein weiteres Problem war es, die Distanzen zwischen den Türmen in Meteora auch nur annähernd richtig abzuschätzen zu können. Es gab noch jede Menge weitere technische Probleme. Am meisten zu kämpfen hatten wir aber mit der Mentalität gewisser Mönche dort, die bereits erfolglos das Klettern an den Felstürmen verbieten wollten. Weil sie sich durch uns gestört fühlten, hetzten sie uns kurzerhand die Polizei auf den Hals.

Allen Schwierigkeiten zum Trotz gelang es uns aber dennoch, letztes Jahr die ersten Highlines in Meteora zu laufen. Zusammen mit einer Handvoll Highliner aus Deutschland, die wir dazu überreden konnten uns zu begleiten, konnten wir dieses Ziel dank einiger glücklichen Fügungen erreichen.

Wir benötigten damals viel Zeit, bis wir die Gegend erkundet und einen geeigneten Highline-Spot gefunden hatten, der von den Klöstern und für die Touristen nicht sichtbar ist. Es gelang es mir damals als erster die Highline zu laufen und ich benannte sie «For Your Eyes Only», nach dem englischen Namen des Bond Films, der uns auf den Ort aufmerksam gemacht hat.

Diesen Frühling konnten wir von unserer Vorarbeit im letzten Jahr profitieren und kamen dem entsprechend schnell voran. Zudem waren wir mit dem besten Material ausgerüstet. Johannes hatte ein Distanz-Lasergerät und eine Armbrust dabei, mit der wir selbst zwischen sehr hohen Türmen eine Verbindung schaffen konnten. Um Zeit beim Klettern zu sparen hatten wir acht Fixseile dabei. Insgesamt war genug Material vorhanden, um gleichzeitig fünf Highlines bis 110 Meter Länge aufbauen zu können.

Mit so vielen Highline-Profis lief alles fast wie von selbst. Wir arbeiteten mit bis zu vier Teams gleichzeitig um keine Zeit zu verlieren. Während ein Team einen Spot erkletterte und Fixseile einhängte, kümmerten sich ein anderes bereits um das Einbohren. In der Zwischenzeit wurde anderswo bestenfalls schon eine Highline gespannt. Gegen Abend kletterte ich ab und zu mit jemandem zu einem potentiellen Spot hoch, um ihn bei Dämmerung auf seine Highline-Tauglichkeit abzumessen und mit Hilfe des Lasers gleich noch die richtige Höhe für Verankerungen zu markieren. Wer gerade nicht beim Planen oder Einrichten einer Highline involviert war, bemühte sich meist anderweitig tatkräftig um einen reibungslosen Ablauf. Sei es mit Essen einkaufen, kochen oder den Highline-Teams und Fotografen mit Shuttle-Diensten zur Verfügung zu stehen.

Weil uns das Wetter gut gesonnen war verzichteten wir auf Ruhetage. Dafür konnten wir sechs neue Highlines einbohren. Selbstverständlich suchten wir uns dazu einige der markantesten und schönsten Felstürme aus. Jeder Highline-Spot hatte einen einzigartigen Charakter. Am eindrücklichsten war sicher die 73 m lange Highline zur Spindel, dem Wahrzeichen des Ortes. Diese Monster-Highline wartet immer noch auf ihre Erstbegehung.

Der Trip war ein voller Erfolg. Nicht nur was unsere Leistungen angeht, sondern auch, dass wir von der lokalen Bevölkerung durchwegs positives Feedback erhalten haben. Das sich dieses Jahr weder die Mönche noch die Polizei über unsere Aktivitäten beschwerten, hat uns besonders gefreut. Vor allem aber war es eine intensive und inspirierende Zeit mit einem sehr kompetenten und sympathischen Team.

Hier eine Liste der Highlines in Meteora (Stand Frühling 2010):

«For Your Eyes Only», Länge: 41 m, Höhe: ca. 150-200 m (Schartenhöhe: ca. 70 m), Erstbegehung: 11.4.09 von Bernhard Witz

«Disturbing Eternity», Länge: 28.5 m, Höhe: ca. 250 m, Erstbegehung: 12.4.09 von Sebastian Eggler

«Beta Version», Länge: ca. 15 m, Höhe: ca. 150 m (Schartenhöhe ca. 15 m), Erstbegehung: 16.4.09 von Lukas Irmler

«Heaven’s Gate», Länge: 28 m, Höhe: 130 m, Erstbegehung: 13.3.10 von Jordan Tybon

«Master Crumble», Länge: 42 m, Höhe: ca. 30 m, Erstebegehung: 7.4.10 von Anatolij Maltsev

«Verrückter Opa», Länge: 51 m, Höhe: ca. 30 m, Erstbegehung: 8.4.10 von Jan Galek

«Nonnentanz», Länge: 36 m, Höhe: ca. 250 m, Erstbegehung: 10.4.10 von Bernhard Witz

«Purgatory», Länge: ca. 45 m, Höhe: ca. 120 m, Erstbegehung: 10.4.10 von Faith Dickey

Highline Spindel-Geierthron (Projekt), Länge: 73 m, Höhe: ca. 50 m

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